Die Sonne versteckte sich schon den ganzen Tag hinter finsteren Wolken, welche bis zum Mittag hin ihre Farbe von einem sanften Grau zu einem erdrückenden Schwarz wechselten. Der Cateringservice war gut eine Stunde zu spät gekommen und grade erst dabei das Büffet aufzubauen. In dem großen Pastellblauen Zelt, welches direkt hinter unserem Haus im Garten stand. Allerdings rissen schon die ersten Windböen an den Planen, die Luft knisterte wie elektrisiert und es roch nach Sturm. Unsere 200 Gäste, die eigentlich im Garten und in besagtem Zelt hätten Platz finden sollen, drängten sich nun dicht an dicht in unserem Haus. Natürlich hatte ich auch nicht einmal in meinem Zimmer einen Hauch von Ruhe. Meine besten Freundinnen, fünf Frauen wie sie verschiedener nicht sein konnten, zudem auch noch meien Brautjungfern, waren spontan zu dem Entschluss gekommen, das ich ihren Beistand benötige. Egal ob ich dem nun zustimmte oder nicht.


Von meinem Fenster aus konnte ich nocheinen Teil des Pavillions sehen, welcher an den Koikarpfenteich meines Vaters angrenzte. Sein ganzer Stolz, denn , auch wenn für den Rest der Anlage ein Gärtner verantwortlich ist, den Bereich rund um den Teich und den Pavillion hat mein Vater selbst gestaltet. Malerisch und verträumt , als ich noch kleiner war , habe ich oft davon geträumt der Pavillion wäre mein Schloss, ich die Prinzessin und im Teich warte nur der Froschkönig auf einen Kuss von mir. Wer hätte ahnen können das ich tatsächlich einen Frosch in diesem Pavillion treffen würde. Trotzallem sah der Garten auch kurz vor dem Sturm, noch irgendwie verzaubert aus, oder sollte ich eher sagen verflucht? Im Prinzip wartete man nur darauf das sich aus dem riesigen Teich irgend ein Monster erheben würde, um mit dem Wind zu heulen und vielleicht das Büffet zu plündern.
Lügen ist alltäglich, wer will schon eine ehrliche Antwort,
auf die Frage: "Na alles klar ?"

Ich konnte auf dem Flur , vor meinem Zimmer, meine Mutter schluchzen und schimpfen hören, wie ein Rohrspatz mit Schluckauf. Für Sie war die gesammte Feier schon geplatzt. Während Isabella, die Vernünftigste von uns sechs Freundinnen, hinaus ging um meine Mutter zu beruhigen, konnte ich von meinem Fensterplatz aus meinen Vater sehen. Der Wind ließ ihn torkeln wie einen Betrunkenen aber ich wusste genau warum es ihn hinaustrieb. Keine Versicherung zahlt dir 30.000 Dollar für einen Koi der vom Blitz erschlagen wurde. Schön wenigstens etwas gerettet an dem Tag der genauso katastrophal zu werden schien, wie der Antrag den mir Michael vor 2 Wochen gemacht hatte. Auch da ist er ins Wasser gefallen, kein Wunder also das dieses Los nun auch auf unseren Hochzeitstag zutraf.


Was danach folgte ist nur noch ein verschwommener Nebel in meinen Erinnerungen, ich weiß noch das meine Mutter wohl im Erdgeschoss einen spitzen Schrei ausstieß. Meine Freundinnen stürmten aus dem Zimmer, aber ich konnte meinen Blick nicht vom Fenster, vom sturmverhangenen Himmel abwenden. Durch einzelne Risse und Löcher in den regenschweren Wolken, strömte Sonnenlicht wie flüssiges Gold. Dann sah ich die kleine zierliche Gestalt über den Rasen laufen. Als würde die Welt in dem Moment den Atem anhalten traf das zarte Mädchen in dem blassrosa Kleidchen nicht eine einzige Windboe. Meine Nichte, die auf den Teich zustürmte und niemand bemerkte es.Ich habe dieses Hochzeitskleid mit dem Reifrock gehasst, ich bemerkte nicht einmal wie er zerbrach als ich aus dem Zimmer rannte. Isabella rief mir etwas zu , ich glaubte das etwas mit meinem Vater nicht stimmte. Aber es waren so viele da, sogar drei Ärzte unter den Gästen die ihm helfen konnten. Aber niemand achtete auf Sarah. Hände, die mich davon abhalten wollten hinaus zu laufen, zerissen einen Teil des Kleides, im ersten Blitz erinnere ich mich noch an Michaels verwundertes und erschrecktes Gesicht, ich glaube ich habe ihn geschlagen damit er die Tür erst zumacht nachdem ich draußen war. Niemand hörte zu , immerhin war irgend etwas mit meinem Vater.

Als ich auf den Teich zurannte, spürte ich die ersten schweren Regentropfen auf meinem Gesicht, ohrenbetäubender Donner , brachte mich aus dem Gleichgewicht, ich stürzte, rappelte mich wieder auf und lief weiter. Genau in diesem Moment brach das Chaos aus.

Es heißt jedes Ende ist ein Anfang.
Aber niemand fragt dich, ob du anfangen willst."


Ich hätte sterben müssen, ganz sicher, niemand überlebt so etwas. Sicher in den Statistiken gibt es immer wieder ein paar arme Menschen, die mit schwersten Verbrennungen überleben. Aber doch nicht ich. Sarah ist in den Teich gestürzt, immer wieder sehe ich wie der Sturm an ihrem Kleid, an ihr reißt wo sie doch nur einen Fisch in einer Plastiktüte hatte retten wollen. Wie mein Vater. Doch dann stürzt sie Kopfüber ins Wasser. Veronica hat mich im Krankenhaus besucht, sie erzählte mir ich hätte einen Sprint hingelegt auf den jeder Spitzensportler neidisch gewesen wäre und dann schlug der Blitz ein. Ich erinnere mich nur daran, das alles hell wurde, ich dachte ich wäre tot. Sarah ist laut den Ärzten schon vor dem Blitzeinschlag gestorben. Tod durch Wasser in der Stimmritze, der Schock hat den kleinen Engel umgebracht. Sie ist tot, aber ich bin es nicht und das ist allen ein Rätsel.